Freitag, 30. November 2012

Elisabeth Herrmann: Zeugin der Toten

Bewertung: *****

"Zeugin der Toten" von Elisabeth Herrmann ist kein Thriller im klassischen Sinne. Es gibt keinen durchgedrehten Serienkiller, kein Ermittlerduo, keine Profiler oder sonst welche der typischen Zutaten.
Im Mittelpunkt der Ereignisse steht stattdessen eine junge Frau, die für ein Reinigungsunternehmen arbeitet. Ein Putzjob wie viele andere, nur das Judith Kepler noch eine Zusatzausbildung gemacht hat, die sie befähigt besonders gut Blutflecken und ähnliches entfernen zu können, weshalb sie häufig als sogenannte "Cleanerin" eingesetzt wird. Sie ist diejenigen die kommt, nachdem der Leichnam einer in Wohnräumen verstorbenen Person abtransportiert ist, und nun die Wohnung für den nächsten Mieter herrichtet. Judith entspricht jedoch auch sonst nicht ganz dem typischen Schema einer Romanheldin. Nach einer Kindheit in einem Kinderheim der DDR ist sie auf die schiefe Bahn geraten, kennt Gefängnisse nicht nur aus dem Fernsehen und hat Drogen konsumiert. Als Judith jedoch an einem der "Tatorte" die sie säubern soll Unterlagen entdeckt, die auf sie selber hindeuten und ihre Vergangenheit im Kinderheim, fängt sie an auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen. Doch es ist nicht ungefährlich, in dunklen Episoden der DDR Geschichte herumzuwühlen und das muss auch Judith bald feststellen ...


"Zeugin der Toten" beschäftigt sich mit dem Thema Stasi und Spionage zu Zeiten des kalten Krieges.
Elisabeth Herrmann hat hier Figuren geschaffen, die nicht wirkliche Sympathieträger sind, jedoch mit ihren Ecken und Kanten überzeugen können. Im Vordergrund steht Judith Kepler, die sich nicht nur mit ihrer verkorksten Vergangenheit auseinandersetzen muss, sondern auch noch damit ob es denn überhaupt stimmt was sie zu glauben meinte. Unterstützung bekommt sie von einem in Missgunst geratenen ehemaligen BND-Agenten.
"Zeugin der Toten" zeigt jedoch auch für alle die es nicht miterlebt haben, was kalter Krieg wirklich bedeutet. Konkurrierende Spionagedienste sind da nur ein Aspekt der hier nur allzu deutlich wird. Man mag sich gar nicht ausmalen, was vielleicht alles nicht an die Öffentlichkeit geraten ist und welche anderen Schicksale von Republikflüchtlingen es gegeben haben mag.
Überzeugen konnte mich dieses Buch mit seinem tollen Ansatz, den Ideen die hier eingebracht werden und die für mich neu im Krimigenre sind. Einen Stern Abzug gibt es jedoch von mir für die sich überschlagenden Handlungsstränge ab der zweiten Buchhälfte und den ebenfalls abnehmenden Realismus zum Ende hin. Dennoch ist "Zeugin der Toten" ein empfehlenswerter Krimi für alle Leser, die sich gerne mit deutsch-deutscher Geschichte auseinandersetzen.






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