Mittwoch, 28. November 2012

John Le Carrè: Marionetten


Ein junger Mann russisch tschetschenischer Abstammung taucht auf illegalem Weg in Hamburg auf. Er spricht kein Deutsch und hat außer einem Brief, einigen Zeitungsausschnitten, einem kleinen Schlüssel und amerikanischen Dollars nichts bei sich. Zunächst wird er von einer türkischen Familie versteckt, bis er Kontakt zur jungen Anwältin Annabel Richter bekommt, die sich auf Asylrecht spezialisiert hat und russisch spricht.
Der junge Mann, von dem nun bekannt ist, dass sein Name Issa Karpow lautet, hat Informationen über ein Konto bei einer Privatbank bei sich. Die Bank befindet sich seit vielen Generationen im Besitz der Familie Brue und der aktuelle Bankdirektor Tommy Brue wird schon bald von Annabel in die Geschichte eingeweiht. Doch was hat es wirklich mit diesem geheimnisvollen Konto auf sich und was will der Verfassungsschutz von Issa?

"Marionetten" von John Le Carrè hat mir sehr gut gefallen. Schauplatz ist die Stadt Hamburg im Jahr 2008. Zu Anfang dachte ich, dass es sich um den üblichen Thriller rund um 9/11 handelt und hier mal wieder die Gefahr geschürt werden soll, die von islamischen Attentätern ausgeht. Dem ist jedoch absolut nicht so!
Ganz im Gegenteil zeigt uns John Le Carrè hier, welche Gefahr die Rechtfertigung von Aktionen mit dem Argument des "Heimatschutzes" oder der "Terrorverhinderung" birgt. Sollte die Vorgehensweise der deutschen Behörden wie dem Verfassungsschutz auch nur zum Teil der Wahrheit entsprechen, so finde ich das sehr bedenklich. Bisher war ich noch von der wagen Hoffnung ausgegangen, dass eine aggressive Vorgehensweise, wie sie hier beschrieben ist und wie sie eher der Manier amerikanischer Geheimdienste entspricht, in unserem Land noch keinen Einzug gefunden hat.
"Marionetten" ist erschreckend realistisch und spannend bis zur letzten Minute. John Le Carrè zieht an den richtigen Fäden und auch seine Figuren sind eigentlich nur Puppen im großen Spiel. Auch wenn es sich hier um eine Übersetzung aus dem englischen handelt, merkt man, dass der Autor sehr vertraut mit Deutschland, der deutschen Kultur und Mentalität ist. Alles wirkt sehr stimmig und von den Figuren bis zu den Schauplätzen gut recherchiert und ausgearbeitet. Die beiden so gegensätzlichen Figuren des Privatbankiers und der Sozialanwältin sind mir sehr sympathisch und ich hätte auch nichts dagegen, wenn sie einmal in einem weiteren Buch von John Le Carrè erneut auftauchen.

So habe ich bewertet:



Und hier kann man das Buch kaufen: John Le Carrè: Marionetten

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen