Bewertung: *****
Wir befinden uns in einem Dorf im Nordosten von Italien. Das gesellschaftliche Leben wird bestimmt von zwei alteingesessenen Familien. Es sind die Familien Visentin, denen eine Reihe erfolgreicher Anwälte entspringt, und die Calchi Renier, eine adlige Industriellen-Familie.
Die Hochzeit von Francesco Visentin, dem jüngsten Spross der Familie, mit Giovanna Barovier steht kurz bevor, als diese tot in ihrer Wohnung aufgefunden wird. Francesco ist geschockt und gerät schließlich auch noch unter Mordverdacht. Sein Alibi ist lückenhaft und die Polizei ist davon überzeugt, dass Giovanna entweder von ihrem Verlobten oder einem Geliebten getötet wurde.
Für Francesco ist klar: Findet er den Liebhaber seiner Verlobten, so ist er auch dem Mörder auf der Spur. Doch wer ist der Unbekannte, der Giovannas Leben zerstörte?
Ich hatte mir von „Wo die Zitronen blühen“ eindeutig mehr versprochen, als das Buch halten konnte.
Die ersten Seiten legten den Grundstein zu einem spannenden Krimi mit kleinen Rahmenepisoden die Neugier weckten und dem jungen Anwalt, der seine Verlobte ermordet auffindet.
Doch schon nach dem ersten Drittel des Romans war mir klar, wer hier der Mörder sein muss und die Geschichte driftete immer mehr in Klischees ab. Wirkliche Spannung kam überhaupt nicht auf und die „Lösung“ des Falls wirkte auf mich so, als hätte man einfach etwas um den offensichtlichen Täter herumgesponnen, das einigermaßen zur Person und ihren eventuellen Beweggründen passt.
Zwar ist es hier nicht die Camorra die Angst und Schrecken verbreitet, aber das ist auch schon der einzige Unterschied zu einem abgehalfterten Mafia-Roman. Die beiden Autoren haben es jedenfalls geschafft, auch den Nordosten von Italien von einem Urlaubsparadies in eine von krimineller Energie strotzende Zone zu verwandeln.
Der frei nach Goethe gewählte Buchtitel „Wo die Zitronen blühen“ ist normalerweise eher Sinnbild für Urlaub, Sonne und Freigeist. Ich finde ihn daher für einen Krimi nicht sonderlich passend. Besser wäre es hier gewesen, den italienischen Originaltitel lediglich in deutscher Sprache zu übernehmen („Nordost“).
Auch die Figuren des Romans konnten bei mir keine großen Sympathien wecken. Giovanna bleibt undurchsichtig, Francesco ist sehr wechselhaft in seinem Verhalten und seinen Stimmungen und konnte mich mit seiner Trauer nicht wirklich überzeugen. Die anderen Charaktere wirkten entweder überheblich oder farblos.
Stilistisch fand ich „Wo die Zitronen blühen“ jedoch sehr interessant. Episoden an denen Francesco beteilig war, wurden aus seiner Sicht geschildert, alle anderen Vorkommnisse jedoch aus allgemeiner Perspektive.
Nach den Vorankündigungen sollen die Autoren Carlotto und Videtta dafür bekannt sein, „die bittere Wahrheit über unsere korrupte Gesellschaft“ zu erzählen und einen Krimi abzuliefern, der „den Mythos der italienischen Familie schonungslos zerlegt“. Nun, wenn das die Absicht der Autoren war, dann hoffe ich mal, dass ihnen da einfach nur die Phantasie ein wenig durchgegangen ist. Die Zerstörung des Familienidylls ist ganz gut gelungen, aber von Gesellschaftskritik habe ich da nichts raus gelesen.
Ich werde wohl in Zukunft darauf verzichten weitere Romane des Autoren-Duos zu lesen.
Und hier kann man das Buch kaufen: Carlotto/Videtta: Wo die Zitronen blühen
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