Bewertung: *****
Der junge Lübecker Advokat Hinrich Wrangel kauft sich mit seinem Erbe in das Niedergericht von Hamburg ein. Schon an seinem ersten Tag wird er mit einer kopflosen Frauenleiche konfrontiert. Doch niemand kann sich erklären warum die Frau sterben musste. Als jüngstes Mitglied des Gerichts gehört es auch zu Wrangels Aufgaben, als Pflichtverteidiger denjenigen beizustehen, die sich keinen eigenen Beistand leisten können. So gerät er an den Fall einer Frau, die in Männerkleidern lebt, eine Frau geheiratet hat und nun vor Gericht soll, weil sie diese im Streit verletzt hat. Doch andere sehen diesen Fall als Möglichkeit sich zu profilieren und so muss Wrangel sich plötzlich gegen die ganze Spitzfindigkeit des Hamburger Justizrechts durchsetzen.
Autorin Claudia Weiss hat "Schandweib" aus den echten Gerichtsakten des Falles der Anna Ilsabe Bunk im Jahr 1701 erschaffen. Dies ging meiner Meinung nach jedoch zu wenig aus der Buchbeschreibung hervor. Auf der Homepage zum Buch gibt es ein interessantes Dokument mit den Historischen Fakten zum Roman, das sehr aufschlussreich ist. Besser hätte ich es noch gefunden, wenn diese Informationen es als Nachwort in das gebundene Buch geschafft hätten, da es mich doch immer sehr interessiert wie viel Fakt in der Fiktion steckt.
Leider erfährt der Leser nur sehr wenig über Ilsabe Bunk aus ihrer Perspektive. Vielleicht hatte die Autorin hier Bedenken zuviel in die Person hineinzuinterpretieren, doch so blieb sie mir leider sehr fremd. Erst nach ca. 400 Seiten bekommt man auch einmal einen Einblick in Ilsabes Motivation, das ist mir nicht genug.
Hauptfigur ist der junge Advokat Hinrich Wrangel, der in Hamburg seine erste richtige Anstellung antritt. Interessant sind hier auf jeden Fall die Informationen, die man über das Hamburger Gerichtswesen erhält. Ein wenig zu detailliert fand ich jedoch die Beschreibung des Prozesses, die ganzen Vernehmungen und Auflistung aller Fakten. Interessanter war da die Verknüpfung der Geschichte mit bekannten Persönlichkeiten und Ereignissen der Zeit, sowie die Möglichkeit sich anhand der Kupferstichabbildung von Hamburg ein besseres Bild der Umgebung machen zu können. Die von der Autorin eingebaute Liebesgeschichte zwischen Hinrich Wrangel und der jungen Jüdin Ruth war zwar nett zu lesen, aber in einem historischen Krimi hätte ich auch darauf verzichten können. Insbesondere da ich diese Verbindungen zwischen Christen und jüdischen Frauen in historischen Romanen immer ein wenig unglaubwürdig finde.
Wer einen genügend langen Atem hat auch über die Längen des Buchs hinweg zu sehen, der wird hier ein interessantes Stück Hamburger Justizgeschichte vorfinden, die auch aus neuzeitlicher Perspektive noch zu beeindrucken vermag. Empfehlen kann ich "Schandweib" daher insbesondere an alle Leser die historische Kriminalgeschichten mögen, oder generell Fälle die auf wahren Begebenheiten beruhen.
Und hier kann man das Buch kaufen: Claudia Weiss: Schandweib
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