Montag, 30. November 2020

Briefmarathon 2020 von Amnesty International - dieses Jahr mit Online-Schwerpunkt

Hallo liebe Leser,

lange habe ich hier nichts mehr veröffentlicht.

Aber was könnte besser für einen Neustart sein, als Euch auf den Beginn des diesjährigen Briefmarathon von Amnesty International aufmerksam zu machen.

Bis zum 23.12.2020 habt ihr noch die Möglichkeit Euch für diese 10 Fälle einzusetzen, bei denen Menschen akut von Menschenrechtsverletzungen bedroht sind oder dringender Handlungsbedarf besteht.

Die Online-Teilnahme ist direkt über die Seite von Amnesty International Deutschland möglich, die ihr hier findet:

https://www.amnesty.de/allgemein/kampagnen/schreib-fuer-freiheit-der-amnesty-briefmarathon-2020

Informationen zur Datenspeicherung und Cookies findet ihr direkt auf der Seite von Amnesty International.


Gerne möchte ich Euch schon einmal vorstellen, welche Fälle in diesem Jahr dabei sind.


SAUDI-ARABIEN: NASSIMA AL-SADAH

"Hinter Gittern, statt hinterm Steuer"

Nassima al-Sadah ist eine schiitische Menschenrechtsaktivistin aus Saudi-Arabien. Sie setzt sich seit vielen Jahren für bürgerliche und politische Rechte, Frauenrechte und die Rechte der schiitischen Minderheit ein. Sie kandidierte bei den Kommunalwahlen 2015, wurde aber wegen ihrer Arbeit als Frauenrechtsverteidigerin von der Wahl ausgeschlossen. Nassima und eine weitere prominente Aktivistin, Samar Badawi (die Schwester des inhaftierten Bloggers Raif Badawi), wurden am 30. Juli 2018 im Rahmen einer umfassenderen "Razzia der Regierung" gegen "Aktivisten, Geistliche und Journalisten" von den saudischen Behörden verhaftet. Nassima wurde Anfang Februar 2019 in Einzelhaft im al-Mabahith-Gefängnis in Dammam gebracht, wo sie bis heute festgehalten wird.




ALGERIEN: KHALED DRARENI

Der Journalist Khaled Drareni befindet sich seit dem 27. März 2020 im Gefängnis. Khaled ist angeklagt, weil er seine journalistische Arbeit unabhängig und mutig macht. Khaled ist der Gründer und Direktor der Online Nachrichtenwebsite Casbah Tribune, er ist Korrespondent des französischen Fernsehsenders TV5 Monde und ein Vertreter von Reporter ohne Grenzen (RSF) in Algerien. 
Khaled wird beschuldigt, "zu einer unbewaffneten Versammlung angestiftet und die territoriale Integrität des Landes untergraben zu haben", nachdem er über eine Hirak-Demonstration in Algier berichtet hatte.


MALTA: EL HIBLU THREE

Am 28. März 2019 wurden drei jugendliche Asylsuchende - darunter der 19-jährige Abdalla Bari aus Guinea, ein 16-jähriger ebenfalls Guineer und ein 15-jähriger von der Elfenbeinküste - bei ihrer Ankunft in Malta festgenommen und der Entführung des Handelsschiffs El Hiblu 1 beschuldigt. Die drei Jugendlichen hatten Libyen am 25. März 2019 zusammen mit 111 anderen geflüchteten Menschen auf einem Gummiboot verlassen. Das Boot geriet nach einigen Stunden in Schwierigkeiten und der Öltanker El Hiblu 1, der auf dem Weg von Istanbul nach Tripolis war, rettete sie. Der leitende Offizier versprach den geretteten Menschen, dass er sie nicht nach Libyen zurückbringen würde. Der 15jähriger Junge, der Englisch sprechen konnte, übersetzte für die Geretteten. 
Nach der Rettung schliefen die Menschen auf dem Deck ein, aber am nächsten Morgen wurde klar, dass sie wieder an der libyschen Küste waren. Es kam zu Szenen der Verzweiflung und Panik, in denen die Menschen schrien, dass sie lieber auf See sterben würden, als nach Libyen zurückgeschickt zu werden, wo sie schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sein würden. Besorgt über die Reaktion, erklärte sich der leitende Offizier bereit, das Schiff nach Norden zu wenden, und bat den 15-jährigen Jungen und zwei andere Teenager, dies den übrigen Passagieren zu übersetzen und ihm zu helfen, an Bord für Ruhe zu sorgen. Um den Jungen zu versichern, dass sie nicht mehr nach Libyen zurückkehren würden, erlaubte der leitende Offizier ihnen, auf der Kommandobrücke zu bleiben, um die Navigationsrichtung auf den Bildschirmen zu überprüfen. Nach Aussage der Jungen war die Atmosphäre auf der Brücke entspannt, es wurde mit dem Ersten Offizier geplaudert und manchmal sogar gelacht, und die Besatzungsmitglieder brachten ihnen gelegentlich Kaffee und Erdnüsse. 
Zu keinem Zeitpunkt griffen die geretteten Menschen zu Gewalt gegen die Besatzung der El Hiblu 1. Trotzdem teilte die El Hiblu 1 bei ihrer Rückkehr nach Malta den Behörden fälschlicherweise mit, dass die Geretteten die Besatzung gezwungen hätten, gegen die Anweisung der maltesischen Behörden nach Malta zu fahren. Dies geschah vermutlich, um zu vermeiden, dass sie für die Rettung der Asylsuchenden in Schwierigkeiten geraten würden.


TÜRKEI: METU LGBTI SOLIDARITY GROUP

Seit Mai 2011 veranstalten LGBTI+-Student_innen – unter ihnen Melike Balkan und Özgür Gür - an der Middle East Technical University (METU) in Ankara einen jährlichen Marsch auf dem Campus, um die Gay Pride zu feiern. Im Jahr 2018 versuchten die Universitätsbehörden, den Marsch unter Berufung auf das im November 2017 eingeführte pauschale Verbot aller LGBTI-Veranstaltungen in der Hauptstadt zu verbieten. Doch die Studierenden führten den Marsch trotzdem durch. 
Als die Student_innen es im Mai 2019 wieder versuchten, rief die Universitätsleitung die Polizei auf den Campus. Die Polizei löste die Versammlung mit dem Einsatz von Pfefferspray, Plastikgeschossen und Tränengas gewaltsam auf und verhaftete 21 Student_innen und einen Dozenten. 18 der Student_innen, darunter Melike und Özgür, und der Dozent werden nach dem Gesetz über Versammlungen und Demonstrationen strafrechtlich verfolgt. Im Falle einer Verurteilung drohen ihnen lange Gefängnisstrafen, nur weil sie ihr Recht auf Versammlungsfreiheit ausgeübt haben.


MYANMAR: PAING PHYO MIN

Der 22-jährige Paing Phyo Min ist Mitglied der satirischen Autorengruppe "Peacock Generation" und Vorsitzender einer Studentenvereinigung. Er und fünf weitere Mitglieder der "Peacock Generation" wurden inhaftiert und verurteilt, nachdem sie „Thangyat“, eine traditionelle Kunstform aus Myanmar, in der Poesie, Tanz und Musik miteinander verschmolzen wurden, aufgeführt hatten. Dabei hatten sie Texte vorgetragen, in denen sie sich über das Militär lustig machten. Paing Phyo Min verbüßt seitdem eine dreijährige Haftstrafe, weil er sein Recht auf freie Meinungsäußerung friedlich ausgeübt hat und sieht sich einer weiteren Anklage gegenüber, die zu weiteren sechs Jahren Gefängnis führen könnte.


CHILE: GUSTAVO GATICA

Gustavo Gatica ist Psychologiestudent und lebt in Santiago. Am 8. November 2019 nahm er an einer landesweiten Massendemonstration gegen die zunehmende soziale und wirtschaftliche Ungleichheit in Chile teil. Die Polizei unterdrückte den Protest gewaltsam und eröffnete das Feuer auf die Demonstrant_innen. Gustavo wurde von Schrotkugeln aus Hartgummi in beide Augen getroffen und ist deshalb dauerhaft erblindet. 
Die Polizei leitete eine interne Untersuchung ein, kam jedoch zu dem Ergebnis, dass niemand für Gustavos Verletzungen verantwortlich gemacht werden könne. Die Forderung nach Gerechtigkeit für Gustavo könnte weitere Ermittlungen zu staatlicher Gewalt in Chile einleiten und einen Präzedenzfall schaffen, der den Weg für Hunderte von Fällen ebnet, in denen es bei den Protesten zu Menschenrechtsverletzungen kam. Gustavo sagt: "Ich habe meine Augen gegeben, damit Chile aufwacht und sieht".


KOLUMBIEN: JANI SILVA

Jani Silva ist Umweltaktivistin. Sie setzt sich für Hunderte Bäuer_innen (Campesinos) in der Region Putumayo in Kolumbien ein. Die Region hat eine strategische geografische Lage und ist reich an natürlichen Ressourcen. Die Campesinos werden deshalb regelmäßig von illegalen Gruppen, dem Militär, Drogenhändlern und multinationalen Unternehmen bedroht, die alle Anspruch auf das Territorium erheben. Jani hat ihr Leben der Verteidigung der natürlichen Ressourcen und Ökosysteme Kolumbiens gewidmet und Menschenrechtsverletzungen aufgedeckt, unter denen die Campesinos seit Jahrzehnten in Kolumbien leiden. 
Es ist extrem gefährlich, in Kolumbien eine HRD zu sein. Aufgrund ihrer Arbeit hat Jani Morddrohungen gegen sich selbst und ihre Familie erhalten. Die letzten Drohungen erfolgten im April 2020 als Jani Silva 30 Meter von ihrem Haus entfernt Schüsse hörte. Am 22. April hörte sie wieder Schüsse und Geräusche aus einer Menschenmenge vor ihrem Haus. Da ihre Bewegungsfreiheit wegen Covid 19 eingeschränkt ist, fühlt sich Jani Silva besonders verwundbar.


SÜDAFRIKA: POPI QWABE UND BONGEKA PHUNGULA

Am 12. Mai 2017 wurden Popi Qwabe, 24, und die 28-jährige Bongeka Phungula Opfer eines geschlechtsspezifischen gewalttätigen Angriffs, bei dem sie beide vermutlich vergewaltigt und dann ermordet wurden, nachdem sie ein Taxi zur Maponya Mall in Johannesburg bestiegen hatten. Die Freundinnen wohnten zusammen, um ihren Schauspiel- und Gesangskarrieren nachzugehen. Popi wurde neben einer Straße liegend gefunden, nachdem ihr in den Oberkörper geschossen worden war. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht und starb bei ihrer Ankunft. Bongeka wurde auf einer Müllkippe gefunden, ebenfalls mit Schüssen im Oberkörper. 
Zwei Männer wurden im Zusammenhang mit den Morden verhaftet; der Magistrat ließ die Männer jedoch gegen Kaution frei und behauptete, es gäbe nicht genügend Beweise, um sie festzuhalten. Die Familien der beiden Frauen sagen dagegen aus, dass es mehr als genug Beweise gab, um die Männer strafrechtlich zu verfolgen, und dass ordnungsgemäße und legale Verfahren nicht eingehalten wurden, weil es Korruption auf der Ermittlungsebene gab und Anzeigen wegen geschlechtsspezifischer Gewalt im Land nicht ernst genommen werden. Dieser Fall ist beispielhaft für die tief verwurzelte geschlechtsspezifische Gewalt und Femizide in Südafrika, die strafrechtlich nicht verfolgt und nicht ordnungsgemäß untersucht werden.


BURUNDI: GERMAIN RUKUKI

Germain Rukuki ist ein burundischer Menschenrechtsverteidiger, der eine 32-jährige Haftstrafe verbüßt. Er wurde nach einem unfairen und korrupten Prozess, in dem er nicht einmal selbst vorsprechen durfte, wegen „Rebellion“ und „Angriff auf die Sicherheit des Staats“ verurteilt. Dabei wurden seine Verbindungen zu der NGO „Action by Christians for Abolition of Torture“ gegen ihn verwendet. Die NGO, die sich in Burundi gegen Folter einsetzte, wurde 2016 verboten, weil sie angeblich „das Image des Staats beschmutzt“. Germain hatte ihnen eine E-Mail geschrieben, als die NGO noch legal war – das reichte der Anklage als „Beweis“.


PAKISTAN: IDRIS KHATTAK

Idris ist Experte, was das Verschwindenlassen in Pakistan angeht. Er hat dieses völkerrechtliche Verbrechen jahrelang für Amnesty International und Human Rights Watch dokumentiert. Es ist eine grausame Wendung des Schicksals, dass er ebenfalls „verschwand“. 
Am 13. November 2019 war Idris in einem Mietwagen auf dem Heimweg aus der Hauptstadt Islamabad, als er angehalten wurde. Seither wurde er nicht mehr gesehen. In Pakistan lassen die Behörden Menschenrechtler_innen wie Idris und andere Kritiker_innen „verschwinden“, um sie zum Schweigen zu bringen. 
Mithilfe von Amnesty begann seine 20-jährige Tochter Talia, für seine Rückkehr zu kämpfen, obwohl sie Drohungen erhielt, dies besser zu unterlassen. Ihr Mut zahlte sich aus. Im Juni gaben die Behörden zu, dass sie Idris in Gewahrsam halten und ihn wegen Verstoßes gegen das Gesetz zum Schutz von Staatsgeheimnissen anklagen werden. Sie machten aber keine Angaben zu seinem Aufenthaltsort. 
Seine Familie befürchtet, dass die Behörden Anklage wegen Spionage gegen Idris erheben werden. Sollte er schuldig gesprochen werden, drohen ihm 14 Jahre Gefängnis oder sogar die Todesstrafe.


*********************************************************************************************************

Also, es sind wirklich nur ein paar Klicks, aber ihr habt damit die Möglichkeit aktiv für diese Menschen einzustehen und zu zeigen, dass man die Menschen nicht mundtot bekommt, die Menschenrechtsverletzungen aufzeigen. 


**********************************************************************************


Weitere Informationen zu meinen Aktionen und den Erfolgen von Amnesty International findet ihr auf der Seite 
Sehen, Hinsehen, Handeln! meines Blogs.



"Es ist besser, eine Kerze anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."
(Quelle: Amnesty International)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen