Mittwoch, 27. Mai 2015

Xiaolo Guo: Ich bin China

Iona Kirkpatrick lebt in London und arbeitet als freie Übersetzung für Werke chinesischer Autoren. Überraschend erhält sie eine Anfrage eines Verlages sich einen Überblick über einen Stapel Dokumente zu verschaffen ohne eine Ahnung zu haben, wer der Autor ist oder wovon die Schriftstücke handeln. Als sich die Blätter als Briefe und Tagebucheinträge entpuppen, ist Iona zunächst überrascht, dann jedoch fasziniert von der Geschichte Kublai Jians, der ein Punkrocker aus China ist, und Deng Mu, seiner großen Liebe die Gedichte schreibt und anscheinend dafür gesorgt hat, dass die Unterlagen China verlassen haben.
Iona kann es nicht erwarten mehr zu erfahren und so auch herauszubekommen, wo sich Mu und Jian aufhalten.

Ich lese zwar fast alle Genre, aber nur sehr selten zeitgenössische Literatur, da diese oft nicht meinen Geschmack trifft. Auf "Ich bin China" von Xiaolo Guo bin ich aufmerksam geworden, weil ich nach einem Roman eines chinesischen Autors gesucht habe, der auch ein wenig kritische Töne mit sich bringt. Die Inhaltsangabe des Verlages hat eine solche Mischung angedeutet und daher mein Interesse geweckt.
Ich hatte erst die Befürchtung, dass sich das Buch ziemlich schwerfällig lesen lassen würde, da es sich natürlich um eine Übersetzung handelt und von der aus China stammenden Autorin auf englisch geschrieben wurde, was meistens nicht ganz so flüssig ist, wie wenn jemand in seiner Muttersprache schreibt. Doch für mich hat sich „Ich bin China“ erstaunlich gut lesen lassen und obwohl ich mittendrin wegen einem längeren Urlaub (ich wollte das Hardcover-Buch nicht mit schleppen) unterbrechen musste, habe ich auch sofort wieder in die Geschichte zurück gefunden. Das spricht sehr für dieses Buch und wie sehr mir der Text schon im Gedächtnis geblieben war, denn in der Regel muss ich mich dann erst wieder in so ein Buch einfinden. Mir haben die Figuren sehr gut gefallen und auch wenn es eine tragische Geschichte ist, so habe ich sie mit Freude an der liebevollen Gestaltung gelesen. Schon das deutsche Cover mit dem durchsichtigen blutroten Einband kann überzeugen, ebenso wie der in den Seitenschnitt gedruckte Buchtitel. Im Buch selber überraschen handschriftliche Abdrucke und chinesische Sprichwörter und Zitate mit Übersetzungen und obwohl ich kein chinesisch kann, hatte ich doch den Eindruck die Probleme die diese Sprache und ihre Übersetzung bietet nachvollziehen zu können. Dadurch, dass die Hauptfigur Iona hier selber Übersetzerin ist, kann durch die Darstellung ihrer Arbeitsweise auch viel von den damit zusammenhängenden Besonderheiten vermittelt werden.
Natürlich handelt es sich bei "Ich bin China" um einen Roman, aber Autorin Xiaolo Guo gelingt es sehr gut ein differenziertes Bild von China zu schaffen mit Punkrocker Jian, der innerlich zerrissenen Mu und Iona als Betrachterin von außen. Es ist ein Roman, der sich mit Kritik am Regime und am Umgang mit Widerstand nicht zurück hält und dabei die Auswirkungen auf einzelne Familien zeigt. Aber dennoch steht hier die Romanhandlung in Form der Liebesgeschichte zwischen Jian und Mu und Ionas Verbindung dazu im Vordergrund, so dass man sich nicht davon abschrecken lassen sollte, dass hier vielleicht zu schwere Kost vermutet wird.
Insgesamt gesehen hat mich "Ich bin China" positiv überrascht und mit einigen Eindrücken zurückgelassen, die ich so noch nicht von China hatte. Ich kann mir auch gut vorstellen das Buch erneut zu lesen, da mir dann bestimmt noch mal wieder anderes auffallen wird. Weiterempfehlen, an alle Leser die eine ausgewogene Mischung aus Belletristik mit Ernsthaftigkeit mögen, kann ich es auf jeden Fall.


So habe ich bewertet:

 

Und hier kann man das Buch kaufen:  Xiaolo Guo: Ich bin China

Weitere Informationen zum Buch und zur Autorin gibt es auf der Homepage des Knaus Verlages.

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